Die hier verwendeten Beschreibungen sind Kurzfassungen der Erläuterungen aus der „Fibel der vielen kleinen Unterschiede“, einer Art Wörterbuch zu Begriffen der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt. Die Fibel kann kostenfrei bestellt werden.
„Inklusion“ heißt „Einschluss“. Im Umkehrschluss bedeutet das, niemanden auszuschließen. Bei der Idee der Inklusion geht es also darum, dass jeder Mensch mit seinen Besonderheiten – seiner sexuellen Identität, seiner Behinderung, seiner Herkunft oder seines Aussehens – ein vollwertiges und akzeptiertes Mitglied der Gesellschaft ist.
Inter* bezeichnet Menschen, deren angeborene genetische, hormonelle oder körperliche Merkmale nicht den medizinischen Normen von „männlich“ oder „weiblich“ entsprechen. Die Merkmale können gleichzeitig typisch für diese beiden oder nicht eindeutig für eines von diesen Geschlechtern sein. Das kann sich in den sekundären Geschlechtsmerkmalen (z.B. Muskelmasse, Haarverteilung, Brüste und Statur) zeigen oder in den primären Geschlechtsorganen (Fortpflanzungsorgane und Genitalien) und/oder in chromosomalen Strukturen und Hormonen. Sehr problematisch ist, dass inter*Menschen nach wie vor pathologisiert werden, d.h. sie gelten als „krank“ oder „abnorm“. Bis Mai 2021 unterlagen inter* Neugeborene geschlechtsverändernden Eingriffen ohne medizinische Notwendigkeit und ohne deren Einwilligung, da sie oftmals im frühsten Kindesalter vorgenommen wurden.
Der Begriff „Intersektion“ bezieht sich auf die Überschneidung und Wechselwirkungen verschiedener sozialer Kategorien, Identitäten und Diskriminierungsformen, wie Geschlecht, Herkunft, Sexualität, Behinderung, Klasse oder Religion. Diese Intersektionen beeinflussen, wie Menschen Diskriminierung und Ungleichbehandlung erfahren.
Intersektionalität (von engl. intersection = „Schnittpunkt, Schnittmenge“) bedeutet, dass verschiedene soziale Kategorien – also z.B. Geschlecht, Sexualität, Hautfarbe, Herkunft, Religion, Alter, soziale Herkunft – miteinander verwoben sind und deshalb nicht getrennt voneinander betrachtet werden können. Das heißt, dass auch verschiedene Diskriminierungsformen wie z.B. Rassismus, Homo- und Transfeindlichkeit zusammenhängen und in diesen Zusammenhängen betrachtet werden müssen. Bei einer intersektionalen Betrachtung wird analysiert, wie unterschiedliche Diskriminierungsformen zusammenwirken und welche Wechselwirkungen sie haben. Schließlich hat jeder Mensch mehrere Zugehörigkeiten (siehe Mehrfachzugehörigkeit / Mehrfachdiskriminierung), die zu Ausschlüssen oder Einschlüssen führen können.
Eine Lesbe ist eine Frau oder eine nicht-binäre* Person, die romantische und/oder sexuelle Anziehung zu (anderen) Frauen oder nicht-binären* Personen empfindet. Lesbisch ist also eine sexuelle Orientierung.
LSBTIQ* können Diskriminierung nicht nur aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität erfahren. Sie haben auch immer eine soziale Herkunft, eine Hautfarbe, einen Körper mit bestimmten Befähigungen oder Beeinträchtigungen, ein Alter, eine Nationalität – sprich: sie gehören zu mehreren gesellschaftlichen Gruppen, sind also mehrfachzugehörig.
Identitäten und Zugehörigkeiten sind fast immer mit Machtverhältnissen in der Gesellschaft verbunden. Anhand dieser Zugehörigkeiten verteilen sich gesellschaftliche Chancen und der Zugang zu Ressourcen, wie z.B. Bildung, Arbeit, Wohnraum. Durch die Kombination von verschiedenen Zugehörigkeiten sind LSBTIQ* häufig von mehreren Diskriminierungsformen wie Rassismus, Sexismus, Altersdiskriminierung, Klassismus, usw. gleichzeitig betroffen.
Nicht-binäre* Menschen sind weder Frauen noch Männer. Binär (von lat. bi = „zwei“) steht hier für das in unserer Gesellschaft anerkannte System aus zwei Geschlechtern. Nicht-binär* ist ein Überbegriff für unterschiedliche Geschlechter. Oft wird auch der englische Begriff „nonbinary“ verwendet oder die Kurzform enby (abgeleitet von „nb“ für „nonbinary“). Manche nicht-binäre* Geschlechter sind „zwischen männlich und weiblich“, manche völlig unabhängig von diesem Zweiersystem und manche Geschlechter sind fließend (genderfluid), d.h. nicht dauerhaft festgelegt.
Normal kommt von dem lateinischen „norma“: Richtschnur, Maßstab, Regel, Vorschrift. Die Norm steht für allgemein anerkannte Standards in einer Gesellschaft. Normen sind jedoch nicht in Stein gemeißelt, sondern verändern sich stetig. Heute gilt in dieser Hinsicht vieles als „normal“, was früher als „abartig“ betrachtet und mit Ächtung, Ausgrenzung oder sogar Gefängnis (siehe § 175 StGB / Homosexuellenverfolgung) bestraft wurde. Folglich ist es vielversprechend, daran zu arbeiten, dass sich die gesellschaftlichen Normen weiter verändern – dass sich jeder Mensch in einer Normalität der Vielfalt wiederfinden kann (siehe Inklusion).
Pansexuelle Menschen lieben und begehren Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrer Geschlechtsidentität. Pansexualität stellt damit das zweigeschlechtliche Modell infrage. Pansexualität ist eine sexuelle Identität, die nicht auf Männer und Frauen begrenzt ist, sondern auch alle anderen Geschlechter und Geschlechtsidentitäten einschließt. Menschen sind demnach pansexuell, wenn für sie mit jedem Menschen, der als Person zu ihnen passt, Sexualität oder eine Beziehung grundsätzlich möglich ist – unabhängig davon, ob die Person sich als Mann, Frau, Inter*, Trans*, nicht-binär* oder anders definiert. Soweit die enge Definition.
Queer ist ein offener Begriff, der Alle einschließt, die mit ihrem Aussehen und / oder Verhalten heteronormativen Vorstellungen nicht entsprechen. „Queer“ kann eine Theorie sein, kann praktisch gelebt werden und Personen oder Bewegungen können sich als „queer“ bezeichnen. Queer entwickelte sich aus einer Kritik an diskriminierenden Ausschlüssen, die auch und gerade in lesbischen und schwulen Communitys herrschten (und herrschen). Queeres Denken und Handeln fordern die Vorstellung heraus, es gäbe nur zwei Geschlechter, die einander entgegengesetzt charakterisiert seien und romantisch bzw. sexuell ausschließlich aufeinander bezogen seien. Eine weiter gehende Auslegung des Begriffs stellt grundsätzlich Normierungen und Kategorien in Frage und setzt sich kritisch mit Machtverhältnissen jenseits von Sexualität und Geschlecht auseinander (z.B. Ableismus, Rassismus, Klassismus). Ohne diesen herrschaftskritischen Inhalt wird das Wort oft auch als Überbegriff für LSBTI* verwendet.
Queerphobie oder Queerfeindlichkeit bezeichnet negative Einstellungen und Vorurteile gegenüber queeren Menschen, einschließlich Homophobie/Homofeindlichkeit (Feindlichkeit gegenüber Lesben und Schwulen) und Transphobie/Transfeindlichkeit (Feindlichkeit gegenüber trans* Personen). Diese Feindlichkeit richtet sich gegen alle sexuellen Orientierungen, die nicht heterosexuell sind, sowie gegen alle Geschlechtsidentitäten, die nicht cisgeschlechtlich sind. Sie äußert sich in Vorurteilen, Diskriminierung und Gewalt. Wissenschaftler*innen sehen diese „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ als Teil eines ideologischen Systems gesellschaftlicher Ungleichwertigkeit. Die Begriffe „Homophobie“, „Transphobie“ und „Queerphobie“ werden zunehmend kritisch betrachtet, da es häufig nicht um eine pathologische Angst geht, sondern um abwertende Einstellungen, weshalb die Begriffe „Homofeindlichkeit“, „Queerfeindlichkeit“ und „Transfeindlichkeit“ häufiger verwendet werden. Manchmal werden auch die Begriffe „Heterosexismus“ und „Cissexismus“ verwendet, um die Abwertung nicht-heterosexueller und nicht-cisgeschlechtlicher Identitäten und Lebensweisen zu beschreiben.
Die Definition ist eigentlich ganz einfach: Eine Regenbogenfamilie ist eine Familie, in der mindestens ein Elternteil lesbisch, schwul, bisexuell, pansexuell, asexuell, aromantisch, trans* oder inter* ist.
Sie ist ein internationales Symbol für die Emanzipationsbewegung von Lesben und Schwulen und ihren Kampf um Akzeptanz und Gleichberechtigung. Mit ihren Farben rot-orange-gelb-grün-blau-violett gilt sie heute als Zeichen für die bunte Vielfalt der Communitys. Eine Weiterentwicklung der traditionellen Regenbogenflagge ist die Progress Flag, sie enthält die sechs farbigen Streifen sowie blau-pinkes Dreieck für trans*, Braun für People of Color und Schwarz, welches gleichzeitig auch an Menschen mit HIV/Aids erinnert und an die, die an Aids verstorben sind. In der Mitte ist in Gelb mit Lila die Inter*flagge abgebildet. Die Pfeilspitze symbolisiert die Richtung der gemeinsamen Pridebewegung: vorwärts. Jeder Streifen repräsentiert spezifische Gruppen und Anliegen innerhalb der LSBTIQ* Community.
Mit dem Rosa Winkel wurden während des Nationalsozialismus homosexuelle Männer als Häftlinge in den Konzentrationslagern gekennzeichnet. Als KZ-Insassen waren Häftlinge mit dem Rosa Winkel auf der untersten Stufe der Lagerhierarchie und oft besonders schlimmen Demütigungen und Misshandlungen ausgesetzt. In den 1970er Jahren widmete die Schwulenbewegung den Rosa Winkel um, indem sie das Zeichen ihrer Unterdrückung bewusst trug – und machte es so zu einem stolzen Symbol für schwules Selbstbewusstsein. Homosexualität unter Frauen stand in Deutschland nie unter Strafe. In Einzelfällen wurden aber auch lesbische Frauen in Konzentrationslager eingeliefert und mit dem Schwarzen Winkel als „Asoziale“ stigmatisiert oder als „Minderwertige“ gekennzeichnet.
Eine Schwuler ist eine Mann oder eine nicht-binäre* Person, die romantische und/oder sexuelle Anziehung zu (anderen) Männern oder nicht-binären* Personen empfindet. Schwul ist also eine sexuelle Orientierung.
Während sich die geschlechtliche Identität auf die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht oder mehreren bezieht, geht es bei der sexuellen Identität darum, auf welches Geschlecht (oder welche Geschlechter) sich die emotionalen und sexuellen Wünsche eines Menschen richten. Bisexualität, Heterosexualität und Homosexualität sind die häufigsten sexuellen Orientierungen, wobei diese Grenzen nicht bei jedem Menschen klar gezogen werden können. Wie sich die sexuelle Orientierung entwickelt, ist nicht endgültig erforscht.
TERF ist die Abkürzung für „Trans-Exclusionary Radical Feminist“ (auf Deutsch: „Trans-ausschließende radikale*r Feminist*in“). Der Begriff wird verwendet, um eine Gruppe von Menschen zu beschreiben, die sich als feministisch bezeichnen, jedoch trans* und nicht-binäre* Personen ihre Identität und ihr Geschlecht absprechen. TERFs vertreten häufig die Ansicht, dass Geschlecht ausschließlich biologisch bestimmt sei und trans* Frauen keine „richtigen Frauen“ seien. Diese Haltung wird von vielen als transfeindlich und diskriminierend angesehen, da sie trans* Personen ausschließt und deren Identität abwertet. Der Begriff „TERF“ wird in der Regel kritisch verwendet, um auf diese Form von Transfeindlichkeit innerhalb feministischer Bewegungen aufmerksam zu machen.
Trans* Personen identifizieren sich nicht (ausschließlich) mit dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugeschrieben wurde. Das Sternchen bei „trans*“ ist ein Platzhalter für alle Begriffe, die an die Vorsilbe „trans-“ (lateinisch = jenseits von, über … hinaus) angehängt werden können, um die verschiedenen geschlechtlichen Identitäten zu beschreiben: Transgender, Transidentität, Transgeschlechtlich und viele weitere. Außerdem soll es die Vielfalt an binären und nicht-binären Trans*-Identitäten deutlich machen.
Wie auch bei Homofeindlichkeit beinhaltet der Begriff Transfeindlichkeit Vorurteile, negative Einstellungen, Stigmatisierung, Abwertung, Verleugnung, Befürwortung von Diskriminierung, Diskriminierung und Gewalt gegenüber trans* Menschen. Aufklärung und Antidiskriminierungsarbeit sind wichtige Schritte auf dem Weg, trans* Menschen ein diskriminierungs- und gewaltfreies Leben in unserer Gesellschaft zu ermöglichen.
„Die widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen männlichen Geschlechts oder von Menschen mit Tieren begangen wird, ist mit Gefängnis zu bestrafen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.“ So lautete der § 175, als er im Jahr 1871 erstmalig ins deutsche Strafgesetzbuch aufgenommen wurde. Es sollte fast 100 Jahre dauern, bis sexuelle Handlungen zwischen erwachsenen Männern in Deutschland nicht mehr unter Strafe standen.